Sehr schöner Post zum Thema
Ich hatte mal vor längerer Zeit was ähnliches auf einem anderen Forum formuliert. Viele Punkte hast du ja schon genannt. Ich paste mal trotzdem meine kompletten Gedanken dazu hier rein:
Die Teambildung und Mitgliedsuche, speziell eines Grafikers, für ein Projekt ist immer so eine Sache. Aber dafür gibt es ja die Jobbörse. Einfach ein Gesuch schreiben, und schon sollte die gewünschte Position besetzt sein. Leider funktioniert es so nicht ganz. Eine Jobbörse ist kein Wunschbrunnen in den man einen Zettel steckt und dann sein Ergebnis bekommt. Meist bekommt man nicht mal Feedback.
Woran liegt das? Nun, man kann schon mit den ersten Sätzen in seinem Gesuch die meisten potentiellen Mitglieder vergraulen. Deswegen hier ein kleiner Leitfaden für Grafik-Hilfesuchende und -Hilfeanbietende. Der nicht nur bei der Suche nach einem Grafiker hilfreich sein dürfte. Viele Punkte treffen auf andere Mitglieder genauso zu.
Zuerst möchte ich mal die Sache aus Sicht der Grafik - Hilfeanbietenden beleuchten.
Grafiken zu estellen ist ein grosser Aufwand und kostet meist sehr viel Zeit. Und kein Grafiker vergeudet gern seine Zeit. Deswegen hier ein kleiner Leitfaden der beiden Seiten ein wenig weiterhelfen soll.
Wie schon erwähnt steckt meist unglaublich viel Arbeit hinter Grafiken. Deswegen ist es für einen Grafiker wichtig einschätzen zu können ob sich der Aufwand lohnt. Das ist bei einem kommerziellen Projekt nicht so wichtig. Denn hier wird man ja für die Leistung mit Geld entlohnt. Bei einem Hobbyprojekt wird die Sache schon schwieriger. Wer zum Beispiel als Grafiker schon mal bei einem Hobby-Spieleprojekt ausgeholfen hat wird in den allerseltensten Fällen positive Erfahrungen damit gemacht haben. Die "Bezahlung" in solch einem Fall wäre ja ein fertiges Spiel. Leider werden die meisten Hobbygames nie fertig. Hauptgrund ist meist fehlendes Wissen und viel zu grosser Optimismus bezüglich des eigenen Projektes auf Seiten der Hobby-Programmierer.
Einen guten Grafiker kann man an seinen Grafiken erkennen. An seinem Portfolio. Aber wie erkennt man zum Beispiel einen guten Programmierer? Wie erkennt man dass ein Hilfesuchender, der Grafiken für ein RPG sucht, kein Anfänger ist der sich grade übernimmt? Sondern ein ernsthafter sachkundiger Programmierer der seine Projekte auch abschliesst? Wie also erkenne ich als Grafiker ob es sich lohnt all die nötige Mühe und Zeit zu investieren die der Hilfesuchende gerne hätte?
Die Antwort ist eigentlich simpel. Auch Programmierer haben ihr Portfolio. Ihre schon erstellten Programme und Spiele. Denn genauso wie man als Grafiker mit ersten Scribbles anfängt und sich dann langsam weiterentwickelt, entwickelt sich auch ein Programmierer. Und die Sachen bauen auf einander auf. Ohne Anatomielehre kein Portrait. Ohne Pac Man keine AI. Wenn also jemand ein RPG erstellen will und noch nicht mal mit einem schon fertigen Pong, Pac Man oder ähnlichen Kleinst und Kleinprojekten dienen kann würde ich persönlich jedem Grafiker raten hier die Finger wegzulassen. Hier ist ein Anfänger am Werk der noch nicht weiss was er tut.
Kommen wir nun zur Seite der Hilfesuchenden.
Ihr wollt einen Grafiker davon überzeugen dass er für euch Grafiken anfertigt. Das ist bei einem kommerziellen Projekt nicht weiter schwer. Mit Geld lässt sich jeder Grafiker gern überzeugen. Sofern der Preis stimmt. Wie schon oben beschrieben wird es im Hobbysektor schon ein wenig schwerer. Ihr müsst in diesem Fall euren Grafiker mit Argumenten überzeugen. Nun, dafür schreibt ihr ja eure Aufträge. Ihr solltet sie allerdings so schreiben dass ein zukünftiger Grafiker auch weiss was ihn erwartet. Deswegen hier mal ein paar Punkte die unbedingt in so einer Anfrage drinstehen sollten. Sowie ein paar Punkte die man besser bleiben lässt. Wir erinnern uns, kein Grafiker vergeudet gern seine Zeit mit unrealistischen Projekten ...
- Deutlich kennzeichnen ob es ein kommerzielles Projekt wird, oder ein Freeware Projekt.
Was ihr in keinem Fall tun solltet sind so Formulierungen wie "Wenn der Publisher zahlt gibt es Geld" oder "Später wenn das Spiel Gewinn abwirft ..." einzubauen. Entweder es ist ein kommerzielles Projekt, oder es ist keins. Dazwischen gibt es nichts. Von einem Vielleicht bekommt ein Profi Grafiker seinen Kühlschrank nicht voll. Und Hobbygrafikern ist der kommerzielle Schuh meist zu gross. Ihr vergrault damit beide potentielle Zielgruppen.
- Informationen über sich selbst beilegen.
"Hallo, ich bin die graue Eminenz, über mich erfahrt ihr nichts, ich hätte gerne ... " wird so nicht funktionieren. Jeder weiss gern mit wem er es zu tun hat. Bei einem Team wäre es sehr wichtig zu wissen wer die Mitglieder sind, und was sie können. Und vor allem ob das Team schon zusammengearbeitet hat. Denn Teams fliegen einem im Hobbysektor zu 99% um die Ohren.
Auch interessant ist zu wissen wie man sich selber einschätzt. Ein Profi will ja nicht unbedingt Anfänger für seine Aufgabe gewinnen. Und ein Hobbyist wird mit professionellen Grafikern rein finanziell wohl eher überfordert sein.
- Eigene Referenzen beilegen.
Zu welchem anderen Material soll die gewünschte Grafik passen? Bei einem Logo für eine Homepage wäre zum Beispiel das bisherige Layout interessant. Existiert Concept Art? Her damit. Zumindest ein Beispiel anhand dessen der Grafiker beurteilen kann ob er sich für den Job eignet.
Referenzen in Form von abgeschlossenen Vorgängerprojekten ist hauptsächlich bei Spielen interessant. Bei einem grösseren Spiel wie einem RPG wäre es zum Beispiel wichtig die Vorgängerprojekte vorzustellen. Diese Kleinst und Kleinprojekte sind der Beweis dass es sich lohnt für den Suchenden zu arbeiten. Zumindest aber einen Prototypen. Fehlen diese Referenzen wird jeder Grafiker zu Recht abwinken.
- Saubere Angaben was genau benötigt wird.
Ein Grafiker muss einschätzen können ob er auch liefern kann was gewünscht ist. Ein 2D Künstler wird zum Beispiel eher keine Low Poly Modelle anfertigen. Bei einem Spiel sind zum Beispiel auch Angaben über den gewünschten Grafikstil wichtig. Comicstil oder realistisch sind zwei total unterschiedliche Richtungen. Oder die gewünschte Perspektive. Topdown, Frontansicht, isometrisch, Sidescrolling. Die Beschreibung des gewünschten Materials kann gar nicht detailliert genug sein.
- Der Auftrags-Umfang muss deutlich werden.
Im Idealfall kann schon der Auftraggeber genau sagen wie gross der Auftragsumfang in Mannstunden ist. Wenn ihr das nicht selber einschätzen könnt, solltet ihr alle Information liefern damit der Grafiker das selber einschätzen kann. Ist es ein kleines Bild das in ein paar Stunden erstellt werden kann? Oder ist es eine Bilderserie die Wochen bis Monate Arbeit mit sich bringt. Um es wieder an einem Spielebeispiel festzumachen: Sind es 5 Sprites mit je 4 Richtungen und zwei Animationsbilder in 32x32 Pixeln und zwei Animationen. Oder sind es 50 Sprites in 96x96 Pixeln mit je 8 Richtungen, 8 Animationsbildern und 20 Animationen. Das kann schon ein paar Monate bis Jahre Differenz ausmachen. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt.
- Bei einem Spiel: Existiert ein Design Dokument?
Wenn ja sollte es zumindest in Auszügen beigelegt werden. Auch dies hilft dem Grafiker beim Einschätzen wie gross der Umfang ist, und ob es sich lohnt mitzuwirken.
Noch ein Wort zum Design Dokument für ein Spiel. Gerade Anfänger verwechseln gern Design Dokument mit Story. Ich habe schon Dutzendseitenlange sogenannte Design Dokumente gelesen und wusste danach immer noch nicht ob es nun ein Mikado mit Storymode oder ein Egoshooter werden soll. Die Story ist erst mal unwichtig, die kann man zur Not noch ganz am Schluss dazufrickeln. Es ist egal wie der Held heisst, wie das Spielmotto heisst, welche Hexe welchen Kristall gestohlen hat, etc. . In einem Design Dokument geht es um die Spielmechanik. Um die Struktur des Programms. Um eine Aufstellung aller benötigter Kompontenten wie benötigte Grafiken, Programmteilen, Musik, Sound FX, etc. .Und vor allem darum zu beschreiben um was für eine Art von Programm oder Spiel es sich handelt. Was passiert wo wenn ich dies und das mache. Es muss auch klar werden ob es sich um einen Taschenrechner, ein Rennspiel oder ein Jump n Run handelt.
Die Story ist trotzdem nicht ganz unwichtig. Denn sie kann dem potentiellen Grafiker ein Gefühl für die Figuren vermitteln. Nur sollte man sie eben nicht mit dem Design Dokument verwechseln.
Und zu einem Design Dokument gehört meiner Meinung nach auch ein Prototyp. Nur da kann man viele Sachen austesten und das Design Dokument daraufhin anpassen.
- Keine Angst vor Ideenklau
Ideas are a dime a dozen. Nicht die Idee ist wertvoll, sondern die Umsetzung. Ihr müsst euch also schon entscheiden ob ihr eure Ideen durch einen Grafiker verwirklichen lassen wollt. Dann müsst ihr ihm auch alle nötige Information geben. Oder nicht. In dem Falle wird zwar kein anderer eure Idee zu Gesicht bekommen, sie wird aber auch nicht umgesetzt. Ich würde in dem Fall die Geheimhaltung als das kleinere Problem ansehen. Besonders wenn man bedenkt dass die Spiele-Genres seit Jahren existieren, und es wirklich neue Ideen eigentlich nicht mehr gibt. Jede brauchbare Idee wurde inzwischen auf die eine oder andere Art umgesetzt. Oder sie hat sich als unbrauchbar erwiesen ...
- Bei Rückfragen niemals pampig werden
Grafiker landen immmer mal wieder auf der Schnauze. Sei es weil sie von ihrem Auftraggeber abgezockt wurden. Sei es weil sie mal wieder auf einen "Ich baue mal eben das nächste WOW, nur viel besser" Programmieranfänger hereingefallen sind. Grafiker sind aus Erfahrung sehr sehr Misstrauisch. Und sie sind es zu Recht. Wenn also jemand anfängt Fragen zu stellen solltet ihr niemals pampig reagieren. Auch wenn sie Unbequem erscheinen sollten. Sondern versuchen die gewünschten Informationen nachzuliefern.
Sprich, liefert alles an Informationen was es einem potentiellen Grafiker möglich macht das Angebot überhaupt einschätzen zu können.